Neuer Artikel von mir bei der Zeit, es geht um Age of Empires Online und Free2Play-Spiele:
Nur Games, die wie das Onlinerollenspiel Star Wars: The Old Republic mit großen Markennamen oder wie The Secret World mit innovativen Spielideen aufwarten können, leisten sich noch das traditionelle Abo-Modell.
Die Herausforderung bei einem Kostenlos-Titel ist immer, Spieler davon zu überzeugen, dass das Bezahlen Vorteile für alle bringt, aber für niemanden Nachteile. So lange die Bezahlinhalte aus lustigen Hüten oder ein paar Blumenkübeln bestehen, ist das kein Problem. Wenn es sich dagegen um ganze Zivilisationen handelt, wird es schwierig. [Link]
Was ich sehr spannend am Thema Free2Play finde ist der (äußerst!) langsame Wandel in der kulturellen Wahrnehmung vom Wert eines Free2Play-Spiels. Vor einigen Jahren waren nur Nischentitel, Kopien oder gescheiterte MMOs “gratis”, inzwischen sind viele der Spiele, die ich persönlich sehr spannend finde, Free2Play. Firefall, Planetside 2, Team Fortress 2 und passenderweise wurde heute angekündigt, dass auch DC Universe Online keine Monatsgebühren mehr verlangen wird.
Es kann also keine Rede davon sein, dass die Spiele von Herstellern als Wegwerfprodukte gedacht sind. Als psychologische Kriegsführung mit Ziel der Eroberung der Kreditkartennummer…deiner Mutter. Age of Empires Online ist in Ordnung, es ist nicht innovativ (herrje, es ist praktisch Age II im MMO-Gewand), aber es ist in Ordnung. Es spielt sich gut, es macht Spaß und…die AI ist völlig daneben.
Interessant dann aber: in den Comments wird sehnlichst wieder die Zeit herbeigewünscht, wo Spiele für 40 Euro (oder 89 DM meinetwegen) gekauft wurden und fertig. Free2Play ist dabei der böse Eindringling. “Wie das ist gratis? Da ist ein Haken” – in vielen Fällen stimmt das leider. Ich glaube aber, das Modell Spieler auszubeuten, ist nicht zukunftsfähig. Oder…zukunftsfähig, aber auf Kosten des Rufs für Short Term Profit. Zynga hat immer noch damit “zu kämpfen” (sprich: es wird in der Presse regelmäßig auseinandergenommen), weil Farmville der Teufel ist. Und das obwohl die neueren Spiele überhaupt nicht schlecht sind. Aber das darf ja nicht gesagt werden. Ist ja gratis. Und auf Facebook. Und von Zynga!
Insofern: Free2Play wohl kaum mehr wegzudenken und wird nicht mehr für derivatives Design und psychologische Tricks stehen, sondern eben für State of the Art Multiplayer-Games. Ob das letztlich zu besseren oder schlechteren Spielen, zu besserem oder schlechterem Zugang oder zum Weltuntergang führt, das sehen wir dann halt.
Stray Observations:
- das ist der dritte Artikel von mir auf Zeit Online, die ersten beiden gibt es hier und hier
- Ben There, Dan That ist wirklich gut. Wirklich, wirklich, wirklich gut. Und gratis. Und hier.
- Über den Sinn und Unsinn der Spielepresse wird heute auch auf Englisch debattiert: Arthur Gies sagt, dass es keinen Platz gibt für neue Autoren und Stuart Campbell wirft medienübergreifend institutionelle Korruption vor. Fein!
Was mich, der sich damit noch nicht auseinander gesetzt hat, eigentlich interessieren würde: Wenn man sich einem solchen Spiel widmet, richtig meinetwegen, wieviel Geld muss man dann darin investieren?
Wie weit kommt man mit 40 Euro, resp. mit dem Preis, den man für ein normales Spiel zahlen würde? Wie schneidet dies ab im Vergleich zu monatlichen Gebühren?
Irgendwie scheinen da ja zwei Momente mitzuspielen:
Die Angst davor, Geld in etwas zu investieren, das einem nicht gehört und das einem weggenommen werden kann – was freilich im Alter von Digital Distribution mit Kontenanbindung, Always On DRM und der Möglichkeit, “verlorene” Spiele zu entern, etc. als Argument nur bedingt zieht.
Und die Angst davor, nicht genug Wert für sein Geld zu bekommen. Was aber, wenn die Qualität tatsächlich zunimmt, als Argument auch nur mehr halb taugt. Ich muss zugeben, dass ich auch immer noch ein unbehagliches Gefühl habe bei so was (zumal wenn solche Modelle störend in andere Spiele eingewoben werden – Dragon Age lässt grüssen), aber ich geb auch zu, dass ich vielleicht nur ein konservativer Knacker bin. Harren wir mal gespannt der Dinge, die da kommen mögen…
Age of Empires Online ist da ein wenig kurios, wie ich finde. Man muss nichts zahlen, um die Kampagne zu spielen, man kann aber pro Zivilisation 20€ ausgeben, um mehr Optionen für PvP sowie Spezialeinheiten zu bekommen.
Insofern: weil man sowieso (wahrscheinlich) nur eine Zivilisation richtig spielt (weil das ein enormer Zeitaufwand ist, die Kampagne durchzuspielen und alles freizuschalten), bekommt man für 20€ ein Age of Empires mit einer langen Kampagne für eine von vier Zivilisationen und Zugriff auf alle Einheiten und Spielfunktionen (Crafting etc.). Bloß, man braucht es ja gar nicht. Wenn man also nicht viel Wert legt auf PvP und Zusatzfunktionen, braucht man keine Premium-Zivilisation.
Ich glaube, bei F2P funktionieren zwei Bezahlinhalte am besten
1. Vanity-Items (also Hüte, Skins und sowas)
2. Überspringen von Grind (also Gegenstände, Fähigkeiten etc. für die man das Spiel über längere Zeit spielen muss)
League of Legends ist in der Hinsichit fantastisch. Wer nicht zahlt, ist genauso wettbewerbsfähig wie zahlende Spieler und spielt das absolut gleiche Spiel. Wer zahlt, hat interessanter aussehende Helden und muss vielleicht nicht ganz so viel Zeit aufwenden, um alles Nötige aufzuleveln.
Bezahlinhalte bieten also Mehrwert oder Komfort – nicht Zugang zu wichtigen Spielinhalten und keinen spielerischen Vorteil gegenüber anderen Spielern.
Falls Teile vom Spiel für nicht-zahlende Spieler geschlossen sind, scheint es aber kritisch zu werden. Obwohl das Spiel genug Inhalt bietet (wie z.B. Age of Empires), bleibt das Gefühl, man sei ausgeschlossen. Selbst wenn das “Gratis” Age of Empires für den “Preis” ein großartiges Spiel ist.
Vielleicht wäre es also eine viel bessere Idee nur automatisches Aufleveln (gibt es bei AoEO), Vanity Items und Addons anzubieten, statt darauf zu hoffen, dass Spieler ihre jeweiligen Zivilisationen aufwerten. Oder vielleicht ist Microsofts Modell ja tatsächlich sehr viel erfolgreicher als die der Konkurrenz. Über genaue Spielerzahlen etc. hat mir Microsoft trotz Anfrage keine Auskunft gegeben.