Limbo

Seit heute ist die dänische Indie-XBLA-Erfolgsgeschichte Limbo auch für den PC erhältlich. Weil das TITEL-Kulturmagazin grade Urlaub macht, hier ein paar kurze Gedanken dazu.

Ganz vornweg: ja, es lohnt sich.

Ich muss ehrlich zugeben, ich habe den Diskurs bei Erscheinen von Limbo Mitte letzten Jahres kaum mitgekriegt, nur dass es als eines der interessantesten Indie-Games des Jahres gehandelt wurde. Kurzer Blick auf Reaktion der Kritik: tatsächlich, Limbo hat eine ganze Menge interessanter Texte inspieriert, viele davon aber Spekulationen über die Story des Spiels. Grund: es gibt kaum eine. Bis auf den Titel verrät im Spiel nichts, worum es geht. Und das ist gut so. Mark Cullinane sieht in diesen Mutmaßungen verfehltes Potential, und ich muss zustimmen. Sich über das mysteriöse Ende von Limbo den Kopf zerbrechen, ist wie 3 Stunden lang darüber zu debattieren, wie denn nun Inception ausgegangen ist. (Hint: besides the fucking point). Darum: Was ist Limbo, wieso ist es interessant und warum sollte irgendjemand dafür €10 ausgeben?

Ganz einfach ausgedrückt ist Limbo ein kurzer 2D-Puzzle-Platformer mit einem sehr minimalistischen, einem sehr beeindruckenden visuellen Stil. Kurzzusammenfassung: kleiner Junge läuft von links nach rechts (gelegentlich von rechts nach links) durch die Landschaft, muss Gefahren ausweichen und Puzzle lösen. Kurz: das ist das vielleicht beliebteste Genre für Indie-Games an sich. Was macht Limbo also besonders?

Limbo steht als Platformer nicht in der Tradition Super Mario Bros. oder Contra, eher in der von Another World und Heart of Darkness, was es schon allein deswegen erfrischend anders macht. Es ist wunderschön animiert und gräßlich gemein zum verletzlichen Protagonisten, der innerhalb weniger Stunden aufgespießt, gefressen, zermalmt und ersäuft wird. Und das als Kind. Gemein!

Was Limbo aber für mich so unglaublich spannend macht, ist die Reduktion auf das Wesentliche: Laufen, hüpfen, Puzzle-lösen und Sound. Und es ist für mich eben der Sound, der den Reiz des Spiels ausmacht. Manu hat dazu Folgendes zu sagen:

Limbo verzichtet komplett auf eine musikalische Untermalung, was den Geräuschen der Umgebung eine noch tiefere Bedeutung zuteil werden lässt und die düstere Atmosphäre dadurch verstärkt. [Link]

Limbo ist ein furchtbar einsames Spiel. Der kleine Protagonist läuft immer alleine durch eine dunkle Welt, alle Elemente im Spiel wollen den Protagonisten umbringen, ihn in Fallen locken. Andere Kinderfiguren stellen sich als genauso gefährlich raus, wie fiese Spinnen. Der Junge ist allein. Und gekoppelt mit der Verletzlichkeit, den ein Kinderprotagonist darstellt, entfaltet das eine tiefe Wirkung.

Der Sound macht es aber noch beeindruckender: jede Umgebung lässt eine eigene Art Einsamkeit und Angst über das Alleinsein anklingen. Das Tapsen auf dem moosigen Untergrund im Wald, das elektrische Summen von Neonröhren, das Klappern alter, kaputter Maschinen. Limbo ist eine Reise durch verschiedene Gefühlslagen von Einsamkeit und es ist der Sound, der die Einsamkeit charakterisiert.

Und da es ist ein wenig egal, ob der kleine Protagonist nun tot ist, ob Limbo eine Zeitreise darstellt, ob es um Selbstmord geht oder alles nur ein Traum ist: all das befindet sich außerhalb des Spiels (das macht es natürlich nicht weniger wertvoll), aber Limbo gibt schon so viel her, auch ohne ausufernde Analysen. Es ist ein Spiel, das durch den Wegfall von Musik, von klassisch präsentierter Story, von Dialogen den Fokus legt auf Sound und auf die Bewegung des kleinen Protagonisten. Beides Bereiche, in denen Limbo mich berührt hat.

Limbo ist seit dem 2. August 2011 über Steam erhältlich.

TITEL-Kulturmagazin: Digitaler Rückblick

Seit Januar 2011 machen Christof Zurschmitten und ich einen kleinen Monatsrückblick für Spielekritik. Inspiration dahinter war recht offensichtlich Critical Distance zum Einen und Rock, Paper, Shotguns Sunday Papers zum Anderen. Unser Fokus liegt aber auf deutschsprachigen Texten. Die Sache ist nämlich die, dass es zwar eine Masse an englischsprachigen Texten gibt über die obskursten Games-Themen und dank Seiten wie RPS oder Critical Distance eben auch ein Publikum dafür, andere Sprachen aber was Sichtbarkeit von Kritik und Diskurs angeht, weit hinterhinken.

Dazu Game Studies Supertyp Ben Abraham:

In case you were under the mistaken impression that the videogame blogosphere proliferated solely under the purview of English-speaking users, let me disabuse you of that notion right now. […]

Even more typically ‘Western’ non-English languages have a proliferation of videogame bloggers – The German videogame blog ‘Super Level‘ is a good aggregate curator of interesting videogame related stories, and I was personally interviewed by a German games magazine, GEEMag back in February. While browsing the incoming links at Critical Distance just now, I also happened upon the French language videogames blog run by Eric Viennot. [Link]

Es gibt sie also, die interessanten Seiten, die lesenswerten Texte auf nicht-Englisch. Nur: weil Englisch eben “Internetsprache” ist, scheint es kaum jemanden zu kümmern (vor allem nicht in Sparten wie Spielkritik). Daher eben auch unser Digitaler Rückblick. Und ich habe eigentlich gar nicht die Zugrifsszahlen parat um zu sagen: der TITEL bringt so und so viele Leser zu diesen Seiten, aber ich finde allein die Anerkennung, dass es da ein Publikum für zu geben scheint, wenn man mal wieder was konfuses, interessantes, spannendes, verwirrendes in den Blog gesetzt hat, das allein ist doch schon wertvoll.

Daher: auch diesen Monat der Digitale Rückblick mit tollen Texten, interessanten Diskussionen und vielversprechenden Autoren.

TITEL-Kulturmagazin: Dungeons of Dredmor

Dienstag online gegangen: meine Rezension zum kanadischen Roguelike Dungeons of Dredmor. Ein selten gutes Spiel mit wunderschön handgezeichneten Figuren. Nur: weil alles eben handgezeichnet ist, werden Ausrüstungsgegenstände nicht am Helden angezeigt. Was…schade ist, weil das Feedback über die getroffenen Entscheidungen was Skills und Items im Spiel angeht, so stark daran beteiligt sind, zum Weiterpsielen zu motivieren (z.B. beim ebenfalls süchtigmachenden Desktop Dungeons). Dann wiederrum: Original-Roguelikes haben ASCII Grafik und ob das Helden “@” jetzt eine magische Axt mit sich schleppt oder nur eine alte Harfe: spielt dann auch keine Rolle.

Meine Helden sterben tausend Tode – und alles was ich will, ist noch einen Helden in das vielarmige Verlies einzuwerfen. Dungeons of Dredmor ist das erste »richtige« Roguelike, das ich bewusst gespielt habe. Und kann ich jetzt bitte weiterspielen? [Link]

Tagesspiegel: Interview mit Daniel Lieske

(Quelle: Daniel Lieske)

Anfang des Jahres habe ich für den Berliner Tagesspiegel mit dem Videospiel-Grafiker und Comickünstler Daniel Lieske über sein Comic Wormworld Saga gesprochen. Lieske ist ein toller Gesprächspartner. Sehr zielstrebig, sehr leidenschaftlich, was seinen Traum angeht. Auch wenn das Thema des Comics recht konventionell ist und sich am Hero Journey Topos abarbeitet: beeindruckendes Stück Comic. Dank dem Beitrag beim Tagesspiegel konnte ich das Thema auch bei der GEE unterbringen, nachzulesen beim Spiegel. Hier aber mein Lieblingspart aus dem Tagesspiegel-Interview (vor allem auch für mich in Hinblick auf meine Masterarbeit spannend):

Wenn es nämlich am Ende darum geht, Bücher oder Drucke oder Apps an die Leser zu verkaufen, dann ist es im Grunde egal, ob es eine Million Leser sind, die jeden Tag kommen, oder eine Million Leser, die übers Jahr hinweg kommen. Entscheidend ist doch nur, welcher Prozentsatz davon sich dazu entscheidet, Geld in den Comic zu investieren. Wenn man Werbung völlig aus seinem Business-Model raus streicht, dann muss man es gar nicht auf einen riesigen Wert von täglichen Hits anlegen. Das schadet ja nur, weil dadurch die Webseite langsamer wird. Und natürlich würde man, wenn man da jetzt wirklich detailliert diskutiert, sagen, dass wenn Leute täglich auf eine Webseite kommen, auch die Chance steigt, dass sie sich an jedem Tag überlegen, nicht vielleicht doch etwas zu kaufen. Das würde ich auch gar nicht wegargumentieren wollen. Wenn Leute wirklich täglich wiederkehren, dann hat es sicherlich einen positiven Effekt. Aber was ich sehe ist, dass wenn man jeden Tag Hunderttausende Leute auf seiner Webseite haben will, man seinen Content gnadenlos zerstückeln. muss. [Link]

 

Stray Observations:

  • In der Zwischenzeit hat Lieske eine Menge Aufmerksamkeit bekommen und erfolgreich ein Kickstarter Projekt abgeschlossen, um die Wormworld Saga aufs iPad zu bringen.

De:Bug: Aschenbecher

Mülltrennung für den Aschenbescher (via: Aschenbecher-Blog)

Sehr obskur, sehr weird, ebenfalls De:Bug.

Die De:Bug hat eine sehr gute Artikelreihe, die das Design und den historischen Hintergrund von Alltagsobjekten beleuchtet. Stempel zum Beispiel, oder den Tresen. (Alexis Madrigal macht das übrigens äußerst großartig für The Atlantic, hier zum Beispiel über die Geschichte der Pizza-Box).

Hier also ein Artikel über den Aschenbecher. Dazu muss man anmerken: die Geschichte war brisant, da gerade das Rauchverbot eingeführt wurde, der Sinn und die Sichtbarkeit des Aschenbechers in deutschen Clubs also stark abnahm. Geschrieben hats Anton Waldt, ich habe bei der Recherche geholfen und das war…skurril. Ich sollte was zur Geschichte des Aschenbechers rausfinden, Wikipedia gibt aber nicht viel dazu.

Ich habe also den Chefredakteur des Zigarrenmagazins angeschrieben, der hat mich wiederrum an den Aschenbecher Experten und Tabakhistoriker Rainer Immensack verwiesen. Zigarrenmagazine. Tabakhistoriker. Welten tun sich auf. Voll gut. Ich bin Nichtraucher.

Um mehr zu erfahren, muss man auf obskure Quellen zurückgreifen, zum Beispiel auf den “Tabakhistoriker” Rainer Immensack aus Hofheim, dessen semiprofessionell betriebenes Steckenpferd das Sammeln von Rauchutensilien ist. Laut Immensack geht die Geschichte des Aschers auf Behälter aus Messing oder Kupfer zurück, die im 16. Jahrhundert in Holland aufkamen und zwar in einer Doppelfunktion: Die auch “Pfeifenkomfort” genannten Frühascher enthielten zum einen glühende Kohle- oder Holzstücke aus dem Ofen, an denen man sich sein Pfeifchen anzünden konnte, zum anderen konnte man die ausgeschmökten Überreste hineinklopfen. [Link]

Zu Gast bei Manus Breakfast-Podcast

Heute bin/war ich zu Gast bei Manuel Fritschs Breakfast-Podcast. Wir haben ein wenig über das Digitale-Spiele Ressort beim TITEL-Kulturmagazin gesprochen. Hört mal rein.

[DirektManu]

Stray Observations:

  • Wenn TITEL-Kulturmagazin schnell ausgesprochen wird, dann klingt das ein wenig nach TITTEN-Kulturmagazin. Ein Kulturmagazin, das…es geben sollte.

  • Ich habe so nonchalant Musikseiten erwähnt, für die ich vor De:Bug geschrieben habe: das wären zum einen Allschools.net und zum anderen Alternativmusik.de, beides tolle, tolle Magazine mit engagierten, begeisterten Leuten.

  • Nachher noch beim Post-Podcast-Gespräch (wahrscheinlich mit Schweiß im Gesicht und glimmender Zigarette im Mundwinkel) einander zugeraunt: Autoren für Blogs/Magazine/Webseiten finden ist überraschend schwer. Wer gerne über Spiele/Literatur/Comics schreiben möchte, sich daran versuchen will oder jemanden kennt, der das gerne machen möchte für den TITEL (es lohnt!), oder auch für andere Outlets: schreibt mir oder Rudolf Inderst doch mal.

  • Ebenfalls noch drüber geredet: in Finnland ist letztes Jahr niemand an Elch gestorben. That is all.

De:Bug: Sally Shapiro

2009 war ich Praktikant bei der De:Bug. Einer der ersten Aufgaben war, ein kleines Interview mit der Disco-Pop Sängerin Sally Shapiro aus Schweden zu führen, die zu dem Zeitpunkt ein sehr schmalziges, sehr gutes Album auf dem Münchener Disco Label Permanent Vacation veröffentlicht hat. Auf der Suche nach der PR-Agentur, die das Ganze veranstaltet hat, habe ich mich verirrt und die Leute von der Spex sahen sehr viel abgebrühter aus, herausgekommen ist aber ein schöner Text:

Sie tritt nicht live auf und hat es in nächster Zeit auch nicht vor. Sie geht kaum auf Shows und Musik hört sie über Spotify. Dann aber meist 80er-Kram – Kate Bush, Mylène Farmer, Sandra und (man will es eigentlich nicht wahrhaben) Modern Talking. Szene? Was ist das? Für Sally Shapiro kann Disco nur in ihrem eigenen Wohnzimmer existieren. [Link]

[youtube=http://www.youtube.com/watch?v=qNoDvQ7JqkM]

Ahoi!

Ich habe mir endlich mal wieder ein Blog angeschafft. Das wurde auch Zeit, weil ich einen Platz brauche, um Artikel, die ich sonst Freunden, Bekannten, Redakteuren, Kollegen und SEO-Optimierern über Twitter, Facebook etc. um die Ohren haue an einem Platz zu sammeln.

Ich bin freier Journalist und schreibe für diverse Blogs, Magazine und Zeitungen über Comics, Games, Literatur und Webkultur. In dem Sinne: stick around, packt mich in den RSS-Feed und freut euch über hoffentlich gute Artikel.