ZEIT: Digitale Distribution

Ich habe für die Zeit über digitale Distribution für PC-Games, genauer: über Steam und Origin geschrieben.

Bis jetzt waren die Versuche vor allem der großen Publisher wenig erfolgreich. Ubisofts Ubishop wird wegen seines drakonischen Kopierschutzes kritisiert. Über die Zukunft von Games for Windows Live, das laut Microsoft-Manager Kevin Unangst bereits im März endlich seinPotenzial als Steam-Alternative hätte ausschöpfen sollen, macht Microsoft im Moment auch auf Anfrage keine Angaben mehr. Genauso wie auch für soziale Netzwerke gilt für digitale Spiele-Distribution: Kaum ein Spieler braucht viele unterschiedliche Plattformen, die sich nur in einigen Punkten voneinander unterscheiden. [Link]

Leider hat sich beim Redigieren von der Zeit-Online-Redaktion direkt im zweiten Absatz ein dicker Fehler eingeschlichen, den ich erst gestern bemerkt habe:

Der Vorteil ist, dass die Games damit von der Hardware unabhängig werden. Es spielt keine Rolle mehr, ob man einen Mac oder einen PC nutzt, jeder kann die Spiele laden.

Das ist natürlich falsch. Sowohl Steam als auch Origin haben bis jetzt nur beschränkten Support für Linux oder OSX. Ich vermute, dass der Satz ursprünglich eher als Zusatzinformation weiter unten hingehört hat, wo ich über Cloud Gaming Services wie OnLive oder Gaikai schreibe. Kann vorkommen, auch wenn die typisch wütenden, grummeligen Kommentatoren die Fäuste schütteln und meine Kompetenz in Frage stellen. Ich hoffe, die Redaktion wird den Fehler nochmal korrigieren. Bis es soweit ist könnt ihr die Original-Version des Artikels nach dem Break lesen. (Und vielleicht ist das für den einen oder anderen auch ganz spannend zu sehen, wie sich Artikel von der Ursprungsversion zur veröffentlichten Fassung verändern).

Edit 26.10.11: Der Artikel wurde inzwischen korrigiert. Hurra!

Auf dem Rücken der langerwarteten Spiele Battlefield 3 und Star Wars: The Old Republic versucht Electronic Arts einen eigenen digitalen Spielevertrieb zu etablieren. Kann es damit erfolgreich sein oder bleibt das Feld fest in der Hand von Valves Steam?

Knapp 2 Wochen ließ der Spiele-Publisher Electronic Arts (EA) Anfang Oktober in einem öffentlichen Beta-Test des kommenden Multiplayer-Shooters Battlefield 3 Spieler um eine Pariser Metro kämpfen. Spannender als Battlefields mächtige Grafik-Engine Frostbite 2 oder die Einzelheiten des klassenbasierten Shooters ist aber EAs Origin, der Online-Service, der zum Download und Installieren des Spiels benötigt wurde. Mit Origin zeigt EA, dass für sie die Zukunft des PC-Spielevertriebs digital sein wird.

Damit ist EA nicht alleine. Steam, betrieben von den Portal und Half-Life-Entwicklern Valve , ist mit über 30 Millionen aktiven Nutzern und streng gehüteten Verkaufszahlen der größte digitale PC-Spiele-Vertrieb. Spieler benutzen Steam (www. store.steampowered.com), um Spiele zu kaufen, sie über mehrere PCs via Cloud zu synchronisieren, mit Mitspielern zu chatten und gemeinsame Online-Games zu organisieren. Für Valve und für viele andere Entwickler stellt Steam ein Erfolgsmodell dar: es lässt Entwickler den Einzelhandel umgehen und ist gleichzeitig Kopierschutz und durch Valves Kuration des Marktes wichtiges Werkzeug, um auch kleinere Indie-Games für ein großes Publikum sichtbar zu machen. Ohne Steam könnten viele PC-Spiele kaum Erfolg haben. Dabei ist gerade der PC-Spiele-Markt für große Publisher ein Problemfeld. Raubkopien, Gebrauchtmarkt, uneinheitliche Hardware und im Vergleich zu Konsolen geringere Verkaufszahlen machen die Plattform wenig attraktiv für große Titel. Steam hat bewiesen, dass PC-Spiele erfolgreich sein können auch ohne im Laden zu stehen, trotz eines Kopierschutzes und strenger Nutzungsbedingungen, die Spielern bei Verstoß den Zugang zur eigenen Spiele-Bibliothek verwehren können.

Während Steam für Indies und mittelgroße Spieleentwickler einen Segen darstellt, ist der Service für Publisher vor allem aber auch ein Konkurrent, denn wer ein Spiel über Steam anbietet, muss einen Teil der Einnahmen – ähnlich wie auch in Apples App Store – an Valve abgeben und Steams Nutzungsbedingungen befolgen. Spiele-Publisher wie EA, Ubisoft, THQ und Microsoft versuchen daher zunehmend eigene Plattformen mit wichtigen Titeln zu lancieren, um PC-Spiele direkt an Endkunden verkaufen zu können. Abseits der großen Publisher erscheinen auch immer mehr unabhängige Plattformen wie Direct2Drive, Impulse, Desura oder Indievania, die durch teils unterschiedliche Angebote andere Kunden ansprechen wollen während Cloud Gaming Services wie OnLive und Gaikai versprechen völlig ohne den Download von Spielen auszukommen.

Bis jetzt waren aber vor allem die Versuche der Publisher wenig erfolgreich. Ubisofts Ubishop wird für drakonischen Kopierschutz kritisiert und über die Zukunft von Games for Windows Live, das diesen März laut Microsofts Kevin Unangst endlich sein Potential als Steam-Alternative erreichen sollte, macht Microsoft im Moment auch auf Anfrage keine Angaben mehr. Genauso wie auch für soziale Netzwerke gilt für digitale Spiele-Distribution: kaum ein Spieler braucht viele unterschiedliche Plattformen, die sich alle in einigen wenige Kernpunkten voneinander unterscheiden. Ganz im Gegenteil: die Anmeldung für einen weiteren unerwünschten Service kann durchaus potentielle Käufer vom Gegenteil überzeugen. Kann EAs Origin trotzdem erfolgreich sein?

Andere Publisher konnten bisher kein Gegengewicht zu Steams Spielekatalog finden. EA hingegen hat mit Battlefield 3, das Ende Oktober über Origin vertrieben wird, Biowares langerwartetem Online-Rollenspiel Star Wars: The Old Republic, sowie erfolgreichen Spielereihen wie FIFA, Die Sims oder Dead Space viele Gründe, warum eine eigene Plattform für Spieler Sinn machen könnte. Vor allem der Erwerb von Zusatzinhalten (DLC) für EA-Spiele könnte sich durch Origin enorm vereinfachen.

Aber nicht nur ein solides Angebot an Spielen ist nötig, damit Origin Erfolg hat. Nicht der Mangel an guten Spielen wurde an Games For Windows Live kritisiert, sondern die umständliche Funktionsweise, die das Starten eines Spiels unnötig umständlich gestaltet hat. Origin kann in dieser Hinsicht trotz aktuellem Beta-Status mit Steam mithalten. Es ist ein aufgeräumtes, übersichtliches Programm, das sich auf Kernfunktionen besinnt – Nutzer können Spiele kaufen, spielen und mit Freunden chatten – und eine stabile Plattform, die auch den massiven Andrang auf die Battlefield 3 Beta überstanden hat,  auch wenn Origin zum eigentlich Spielen des Shooters nicht notwendig war.

Origin muss in den kommenden Monaten beweisen, dass es wichtiger ist als der Ubistore oder Games For Windows Live, dass es ein Service darstellt, der Spielern durch einfache Benutzung, faire Angebote und stabile Funktionsweise, eine angenehme Erfahrung bietet. Um neben Steam zu existieren ist es vielleicht gar nicht nötig, alle Funktionen auf bessere Weise anzubieten, sondern vor allem kein störendes Programm zu sein, das dem Spielen an sich im Weg steht. EA muss dafür aber auch zeigen, dass Origin ein Projekt mit langfristiger Unterstützung wird, kein Schnellschuss, um durch die Zugkraft großer Spielenamen, Steam kurzzeitig Konkurrenz zu machen.

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